Möchtest Du dein Verständnis für die Anatomie von Buchstaben und anderen Zeichen vertiefen? Ob Du hochwertigere Typografie gestalten, Schriftarten für Deine Webseiten besser bewerten und nutzen oder einfach nur mit Fachbegriffen glänzen möchtest - das Wissen einiger grundlegender Begriffe aus der Schriftanatomie ermöglicht es Dir, ein präziseres Bewusstsein für Typografie zu entwickeln.
Bei der Typographie unterscheidet man zwischen der Makrotypographie und der Mikrotypographie. Insbesondere beim Gestalten und bei der Auswahl von Fonts für Dein Webdesign-Projekt ist ein gutes Verständnis der Mikrotypographie ausschlaggebend. Daher haben wir im Folgenden alle wichtigen Begriffe kurz und knapp zusammengetragen.
Die Anatomie der Buchstaben lässt sich perfekt mit den Grundlagen der Typographie kombinieren. Möchtest Du über diesen Artikel hinaus noch mehr über die Anwendung der Schriftanatomie lernen, um so subtile Details und kleine optische Raffinessen zu verstehen, die darüber entscheiden, ob eine Schrift angenehm, harmonisch und interessant wirkt, dann kannst Du Dich in diesem Buch austoben: Anatomie der Buchstaben
Keine Zeit? Hier ist die Abkürzung zur Infografik zur Anatomie der Buchstaben!
Anatomie
Glyph
Ein Glyph repräsentiert ein einzelnes Zeichen, also eine Zahl, einen Buchstaben, ein Satzzeichen oder ein Symbol.
Arm
Ein Arm eines Buchstaben ist eine horizontale Linie bei Großbuchstaben, die an einem Ende oder an beiden Enden mit keiner weiteren Linie verbunden ist.
Bauch
Ein Bauch ist die geschlossene Rundung eines Buchstaben innerhalb der Mittellänge beim d, b, p und q.
Bein
Ein Bein eines Buchstaben ist ein Abstrich, also ein abwärts gerichteter Strich am K, k und R.
Fuß
Ein Fuß eines Buchstaben ist der untere Bereich des Abstriches, also des abwärts gerichteten Striches, wie zum Beispiel
am R.
Hals / Schaft
Der Hals eines Buchstaben, oder auch Schaft genannt, ist eine sehr kurze vertikale Verbindungslinie, wie zum Beispiel am G.
Schulter
Eine Schulter eines Buchstaben ist die obere Rundung oder Verbindungslinie bei Kleinbuchstaben wie m, n, a und h. Oftmals variiert die Strichstärke entlang des ovalen Linienverlaufes.
Eine Schulter ähnelt einem Überlauf, wobei der Fokus einer Schulter auf der Rundung und nicht auf der Verbindung liegt.
Grundformen
Abstrich
Ein Abstrich eines Buchstaben ist ein nach unten geführter Strich, oft mit einer gebogenen Endung. Es ist das Gegenstück zum Aufstrich.
Aufstrich
Ein Aufstrich eines Buchstaben ist ein nach oben geführter Strich. Es ist das Gegenstück zum Abstrich.
Stamm / Schaft / Grundstrich
Der Stamm eines Buchstaben, oder auch Schaft oder Grundstrich genannt, ist die senkrechte und zugleich stärkste Linie innerhalb eines Buchstaben.
Deckstrich
Der Deckstrich eines Buchstaben ist die obere horizontale Linie beim T, Z und z.
Querstrich / Querbalken
Der Querstrich oder Querbalken eines Buchstaben ist der horizontale Strich in der Mitte wie beim A oder H.
Diagonale
Die Diagonale eines Buchstaben ist die schräge Verbindungslinie im Z und N.
Groß- und Kleinschreibung
Majuskel
Ein Majuskel ist ein Großbuchstabe, oder auch Versalie genannt.
Minuskel
Ein Minuskel ist ein Kleinbuchstabe, oder auch Gemeinde genannt.
Höhenangaben
Schriftgröße / Kegelhöhe
Die Schriftgröße eines Buchstaben leitet sich vom Kegel aus dem Bleisatz und seiner Höhe, der sogenannten Kegelhöhe, ab.
Versalhöhe
Als Versalhöhe bezeichnet man die Höhe der Großbuchstaben, der sogenannten Versalien.
p-Linie
Die p-Linie ist die imaginäre horizontale Linie unter der Unterlänge, auf der die Buchstaben einer Schrift stehen. Sie heißt p-Linie, da man insbesondere am Buchstaben p erkennen kann, wie dieser auf der imaginären Linie steht.
Grundlinie
Die Grundlinie ist die imaginäte horizontale Linie zwischen Unterlänge und Mittellänge, auf der Buchstaben einer Schrift stehen, die nicht übermaßig lang sind.
Mittellinie / x-Höhe / x-Linie
Die Mittellinie, oder auch x-Höhe oder x-Linie genannt, ist die imaginäre horizontale Linie zwischen der Mittellänge und der Oberlänge, die auf dem oberen Ende vieler Kleinbuchstaben ruht.
Sie wird x-Höhe genannt, da der Buchstabe x oft als Richtwert für die Höhe von Kleinbuchstaben hergenommen wird. Anhand vom x wird oft die optische Schriftgröße abgeglichen.
Oberlinie / k-Linie / H-Linie / Majuskelhöhe
Die Oberlinie, oder auch k-Linie, H-Linie oder Majuskelhöhe genannt, ist die imaginäre horizontale Linie am oberen Ende der Oberlänge, die die maximale Höhe der Buchstaben markiert.
Unterlänge
Die Unterlänge ist der untere Teil eines Buchstaben zwischen p-Linie und Grundlinie.
Mittellänge
Die Mittellänge ist der mittlere Teil eines Buchstaben zwischen der Grundlinie und Mittellinie. Viele Kleinbuchstaben passen etwa in diesen Bereich.
Oberlänge
Die Oberlänge ist der obere Teil eines Buchstabens zwischen der Mittellinie oder der Oberlinie.
Die Oberlänge vieler Kleinbuchstaben ragt etwas über die Versalhöhe hinaus, um so einer optischen Täuschen entgegenzuwirken und gerade und gekrümmte Buchstaben gleich hoch erscheinen zu lassen.
Fleisch
Fleisch in der Typographie ist der nicht zu druckende Bereich um einzelne Schriftzeichen herum.
Dickte
Die Dickte ist Breite eines Buchstabens, inklusive der Vor- und Nachbreite.
Punze / Innenraum / Binnenfläche
Die Punze eines Buchstaben ist der teilweise oder vollständig geschlossene Innenraum bzw. die Binnenfläche eines Buchstaben. Die Punze ist eine nicht druckende Innenfläche, wie zum Beispiel beim p, n, o oder c.
Auge
Das Auge ist eine vollständig geschlossene Punze, also eine nicht druckende Innenfläche.
Öffnung
Eine Öffnung ist die zum Teil variierbare Öffnung einer nicht geschlossenen Punze, also einer nicht druckende Innenfläche.
Verbindungen
Knoten
Ein Knoten eines Buchstaben ist der Zusammenlauf mehrerer Striche.
Scheitel
Ein Schritel eines Buchstaben ist der Wendepunkt, an dem Aufstrich und Abstrich zusammenlaufen.
Schritt
Ein Schritt eines Buchstaben ist ein spitzer, nach innen gerichteter Winkel an der Verbindung von zwei Strichen, wie zum Beispiel beim N, V, w und y.
Spitze
Eine Spitze eines Buchstaben ist der Wendepunkt, an dem Abstrich und Aufstrich am unteren Rand eines Zeichens zusammenlaufen.
Abschlüsse und andere Endstücke
Ein Abschluss oder Strichabschluss in der Mikrotypographie bezeichnet die Gestaltung eines Strichendes einer Glyphe oder eines Schriftzeichens.
Sockel
Der Sockel eines Buchstaben ist der untere Teil eines Stamms, der auf der Grundlinie ruht.
Anstrich / Nase / Ansatz / Dachansatz
Ein Anstrich eines Buchstabens, oder auch Nase, Ansatz und Dachansatz genannt, ist ein schräger und horizontaler Ansatz eines Buchstaben.
Auslauf
Ein Auslauf eines Buchstabens ist ein verjüngtes oder geschwungenes Bogenende bzw. die Endung eines Buchstabens, wie zum Beispiel beim c oder e, aber auch beim oberen Abstrich von einem doppelstöckigen a.
Cauda
Die Cauda eines Buchstaben ist ein Abstrich, der bei den Buchstaben G, Q und R rechts unten angesetzt ist. Der Begriff “cauda” stammt aus dem Lateinischen und bedeutet “Schwanz” oder “Schweif des Tieres”. Die Ausführung einer Cauda kann gerade, gewellt oder gerollt sein.
Eine Cauda ist leicht mit einem Schweif oder einem Schwung zu verwechseln. Caudas sind allerdings für die Eindeutigkeit des Buchstaben Q notwendig, wohingegen Schweife und Schwünge als Verzierungen agieren.
Schweif
Ein Schweif eines Buchstaben ist bei Script-Schriften ein verzierendes Element und zusätzlich in Antiqua-Schriften beim t, y und j zu finden.
Schweife ähneln Schwüngen, wobei es sich bei Schwüngen um übertriebenere dekorative Anstriche und Abstriche handelt.
Schwung / Swash
Ein Schwung oder Swash ist eine übertriebene dekorative Verzierung an Elementen wie Anstrichen oder Abstrichen und wird bei Schwungbuchstaben verwendet.
Endstrich
Ein Endstrich eines Buchstaben ist der schräge Abschluss eines Striches, wie beim u oder a. Ein Endstrich kann rund oder gerade abschließen.
Fähnchen / Ohr
Ein Fähnchen oder Ohr eines Buchstaben ist ein Häkchen an geschlossenen Kleinbuchstaben wie einem g.
Fahne
Eine Fahne ist der waagerechte Strich am Kopf der Ziffer 5.
Schnabel
Ein Schnabel ist der Zierstrich am Ende vom Arm eines Buchstabens, der einer Serife ähnelt, aber prägnanter ist.
Serif
Serifen sind hakenartige Enden von Buchstaben oder anderen Zeichen. Man unterscheidet dabei unter Tropfenserifen, Halbserifen, doppelseitigen Serifen und Ausgleichserifen.
Bei Antique-Schriften sind Serifen kurze dünne Linien, die Bruchstabenstriche am Ende quer zur Grundrichtung abschließen.
Ein Serif kann einem Sporn ähneln, wobei Serifen prägnanter sind.
Kehlung
Bei Buchstaben sind Kehlungen, auch Serifenrundungen genannt, die inneren Bögen der Serife. Sie stellen die gebogene oder gewinkelte Verbindung zwischen Schaft und Serif dar.
Tropfen / Tropfenserif
Ein Tropfenserif in Serifenschriften ist eine runde Verdickung am Buchstabenabschluss, die man bei Buchstaben wie a, g, c, j und selten auch e findet.
Halbserif / Kopfserif
Ein Halbserif oder Kopfserif ist ein Serif am oberen Anfangspunkt einer Buchstabenform, der nur auf einer der beiden Seiten vorkommt (links oder rechts).
Doppelseitige Serife
Doppelseitige Serife erstrecken sich zu beiden Seiten eines Striches und sind daher oft achsensymmetrisch.
Ausgleichserif / Flammen
Ausgleichserifen oder Flammen sind einseitige Serife, die als visuellen Ausgleich dienen.
Sporn
Sporn sind serifenähnliche, kleine Ecken, die gemeinsam mit Serifen ein optisches Gegengewicht erzeugen. Man kann sie beispielsweise bei Buchstaben wie G oder b finden.
Spornlos
Bei spornlosen Glyphen gehen Kurven ohne Ableger in gerade Stämme über.
Bögen und Kurven
Bogen
Ein Bogen eines Buchstaben bezeichnet eine Rundung bzw. eine abgerundete, geschlossene oder teilweise geschlossene, ausladene Kurve, die beispielsweise bei Buchstaben wie P, B oder D gefunden werden kann.
Gewölbe
Ein Gewölbe beschreibt den oberen Bogen eines Buchstaben.
Kurve
Eine Kurve bezeichnet eine Kehre im großen und kleinen S sowie in der Zahl 8.
Rückgrat
Das Rückgrat bezeichnet bei dem großen und kleinen S sowie der Zahl 8 die s-förmige Kurve.
Rücken
Der Rücken eines Glyphen bezeichnet den geschwungenen Bogen, den man in Kleinbuchstaben wie f, h und n findet.
Weitere Details
Einstöckig, doppelstöckig und mehrstöckig
Buchstaben lassen sich als einstöckig, doppelstöckig oder mehrstöckig kategorisieren.
Ein geschlossenes a ist beispielsweise einstöckig, wohingegen ein offenes a doppelstöckig ist. Ein geschlossenes g kann dabei sogar dreistöckig sein.
Haarstrich / Hairline
Der Haarstrich oder die Hairline bezeichnet die dünnste Linie oder den feinsten Strich eines Buchstaben.
Ink Trap
Eine Ink Trap ist bei Buchstaben eine Art Einstich im spitzen Winkel, um das Zufließen mit Druckfarbe zu vermeiden.
Ligatur
Eine Ligatur ist die Verbindung von zwei oder mehreren Buchstaben oder Glyphen zu einer zusammengefügten Einheit. Die Zeichen werden zum Teil durch Klammern verbunden. Man findet Ligaturen in vielen Schriftarten zum Beispiel bei den Buchstabenkombinationen fi oder ffj.
Klammer
Eine Klammer ist ein Verbindungsbogen, der zwei Zeichen zu einer Ligatur verbindet. Eine Klammer gehört ursprünglich zu keinem der Buchstaben.
Man findet Klammern zum Teil in dekorativen Schriftarten bei der Buchstabenkombination ct.
Punkt / i-Punkt
Ein Punkt bezeichnet eine runde, rechteckige oder andersförmige Fläche über dem i und j sowie über Umlauten.
Neigungsachse / Schattenachse / Symmetrieachse
Die Neigungsache, oder auch Schattenachse oder Symmetrieachse genannt, bezeichnet die unsichtbare Achse zwischen den Stellen mit der geringsten Strichstärke.
In vielen Schriftarten kann man den Buchstaben o an der Symmetrieachse spiegeln, ohne das Erscheinungsbild zu ändern, da der Buchstabe achsensymmetrisch ist. Aufgrund dieser veranschaulichenden Eigenschaft wird die Symmetrieachse daher auch o-Achse genannt.
Schenkel
Die Schenkel von Buchstaben bezeichnen die jeweils gegenüberliegenden Linien.
Schleife / Schlinge
Eine Schleife oder Schlinge eines Buchstaben oder anderen Glyphen bezeichnet den geschlossenen oder teilweise geschlossenen unteren Bereich von Buchstaben wie dem g.
Steg
Der Steg eines Buchstaben bezeichnet die verbindende Linie, die den oberen und unteren Teil von einem dreistöckigen g zusammenhält.
Taille
Die Taille bezeichnet bei Buchstaben die Einbuchtungen, die bei Bögen anzutreffen sind.
Überhang / Overshoot
Der Überhang oder Overshoot bezeichnet in der Mikrotyphgraphie die Bereiche bei runden und spitzen Zeichen, die über die Versalhöhe hinaus ragen.
Runde und spitze Glyphen werden oft zwecks optischem Größengleichgewichts größer dargestellt, als flache Glyphen.
Überlauf
Ein überlauf bezeichnet die Verbindungslinie bei Buchstaben wie einem a oder n. Oftmals variiert die Schriftstärke entlang des Verlaufes.
Ein Überlauf ähnelt einer Schulter, wobei der Fokus eines Überlaufes auf der Verbindung und nicht auf der Rundung liegt.
Infografik zur Anatomie der Buchstaben
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